Positionen aus dem Netzwerk
Hier veröffentlichen wir Beiträge, Artikel, Positionspapiere, Thesensammlungen und ähnliche Materialien, bei denen Personen aus unserem Netzwerk als AutorInnen, InitiatorInnen oder MitunterzeichnerInnen mitgewirkt haben. Die darin geäußerten Meinungen geben keine abgetsimmte Position des Netzwerks als ganzes wider.
Die Partei für alle, die von Arbeit leben - ein Aufruf
von Ulrich Schipp und Florian Schuster - 2021
Die Partei der Arbeit – dieses Titels rühmt sich die SPD seit über 150 Jahren zurecht. Er rührt aus der Zeit der industriellen Revolution, des Durchbruchs der Lohnarbeit als Normalarbeitsverhältnis und der Geburt der kapitalistischen Produktion, wie wir sie heute kennen. Der Begriff „Arbeit“ setzte eine Grenze – zwischen denen, die von ihr lebten, und jenen, die sie ausbeuteten. In diesem Sinne war die SPD als Partei der Arbeit auch immer die Partei derjenigen, für die Lohnarbeit die existentielle Lebensgrundlage bedeutete. Die SPD setzte sich für die Rechte der Abhängigen ein und sorgte dafür, dass unsere Gesellschaft heute Partizipation und Aufstieg für breite Bevölkerungsgruppen zulässt. Doch lässt sich diese Tradition in ihrer Logik bis in die Gegenwart fortführen? Oder zwingt der Wandel von Gesellschaft und Arbeitsmarkt die SPD, ein neues Verständnis ihrer Anwaltschaft zu entwickeln? In diesem Artikel plädieren wir für ein praktischeres und breiteres Selbstverständnis: die SPD als Partei aller, die von Arbeit leben. Zu dieser Gruppe gehören alle abhängig Beschäftigten, aber eben auch (Solo-)Selbstständige, Handwerkstreibende, Künstler:nnen, Plattformbeschäftigte, Klein- und Kleinstunternehmer:innen und letztlich alle progressiv und sozial eingestellten Unternehmer:innen. Wir werben dafür, den Blick zu weiten, diesen Menschen vor Ort ein Angebot zu machen und mit ihnen in den Austausch zu treten. Um unsere Idee zu veranschaulichen, stellen wir zwei Aktivitäten vor, die sich dieser Mission verschreiben: das Unternehmer:innen-Forum der SPD Bochum und das Wirtschaftsforum der KölnSPD.
Unternehmer:innen haben einen historischen Platz in der SPD
Mit Beginn der Gründung der SPD war die Forderung nach besseren Bedingungen für ökonomisch Benachteiligte eng mit wirtschaftspolitischen Fragestellungen verknüpft. Grundlegenden Fragen zu einer Veränderung des Wirtschaftssystems betrafen jedoch nicht nur abhängig Beschäftigte. Auch viele Kleinuntermehmer:innen litten schnell an der übermächtig werdenden Konkurrenz der ersten Fabriken und späteren Großunternehmen, konnten diese doch viel günstiger Produkte herstellen oder ihre Monopolstellung ausnutzen. Genossenschaften wurden vielerorts zur Gegenbewegung, insbesondere im ländlichen Raum. Auch in der SPD engagierten sich deshalb früh Selbstständige. Die Ursprünge der „Arbeitsgemeinschaft Selbständige in der SPD (AGS)“ reichen bis in das 19. Jahrhundert zurück. Die Anfänge liegen hier im Jahr 1891, bevor es 1925 zur offiziellen Gründung einer „Vereinigung sozialistischer Unternehmer“ kam. Nach dem Zweiten Weltkrieg formierten sich 1946 die sozialdemokratischen Unternehmer:innen erneut und gründeten 1953 in Essen die „Bundesarbeitsgemeinschaft selbständig Schaffender in der SPD (AgsS)“, die schließlich 1963 in „Arbeitsgemeinschaft Selbständige in der SPD (AGS)“ umbenannt wurde. Noch heute sind über 30.000 Unternehmer:innen Mitglieder der SPD.
Für unser Großprojekt der sozial-ökologischen Wende steht die SPD aktuell vor der Herausforderung, eine sozialdemokratische Wirtschaftspolitik zu etablieren, die Beschäftigte, Natur und Unternehmen gleichermaßen anspricht. Wenn wir unser Wirtschaftssystem nicht grundlegend verändern wollen, dann brauchen wir sozialdemokratische Unternehmer:innen, oder anders: eine sozialdemokratische Unternehmer:innenpolitik. Denn nur mit Unternehmer:innen gemeinsam können die Herausforderungen der Zukunft bewältigt werden. Angesicht der Probleme, die die neoliberale Ära der vergangenen Jahrzehnte bis heute verursacht (Lohndumping, Steuerflucht, katastrophale Produktionsbedingungen für Mensch und Natur etc.), muss die SPD zukünftig dafür Sorge tragen, dass auch jene Wirtschaftsakteure verstärkt politisch involviert werden, die eine sozialdemokratische und progressive Gesinnung haben. Denn wir dürfen nicht vergessen, dass das Gros der Wirtschaftstreibenden kleine Unternehmen besitzen, die ihnen Einkommen bescheren, die vergleichbar sind mit jenen, die in einem Angestelltenverhältnis erwirtschaftet werden. Diese Unternehmer:innen sind vor Ort ansässig, kommen oftmals aus Anstellungsverhältnissen und haben sich ihre Existenz Stück für Stück, nicht selten mit der Unterstützung der Familie, aufgebaut. Und sie haben meist den Eindruck, dass die politischen Akteure, auch die SPD, vorzugsweise die Interessen der großen Unternehmen im Blick haben. Nicht wenige – insbesondere junge Unternehmer:innen – teilen die Vorstellung einer Gesellschaft, die demokratisch, sozial und nachhaltig agiert.
Sozialdemokratische Wirtschaftspolitik braucht einen neuen Fokus
Eine am Menschen orientierte Wirtschaftspolitik, die all die in den Mittelpunkt stellt, die von Arbeit leben, tut Not. Denn es braucht eine progressive Alternative zur scheinbaren Normalität, die Wirtschaftspolitik mit Deregulierung und Sozialabbau gleichsetzt. Hier gibt es eine Chance für die SPD, deren Kompetenzwahrnehmung in Sachen Wirtschaft und Arbeitsplätze seit den 2000ern stetig zurückgegangen ist. Die Chance besteht im enormen Potenzial, das in kleinen und mittelständischen Unternehmen und den vielen Soloselbstständigen oder „Scheinselbstständigen“ liegt. Im Jahr 2018 gab es in Deutschland knapp 3,3 Mio. Unternehmen mit weniger als 50 Beschäftigten. Allein darunter zählen Kleinstunternehmen und -selbstständige mehr als 3 Mio. Insgesamt schaffen diese Betriebe ca. 10 Mio. sozialversicherungspflichtige Jobs, sprich: knapp ein Viertel aller Beschäftigten! Die Digitalisierung der Arbeit wird die Zahl solcher kleinen Unternehmen weiter erhöhen, doch wer nimmt sich ihrer politischen Interessen an? Muss eine Grafikdesignerin eine typische FDP-Wählerin sein, nur weil sie ihre Arbeitskraft keinem größeren Unternehmen verkauft? Muss der junge Gründer zwangsläufig den Grünen überlassen werden, nur weil er sich mit einem nachhaltigen Logistikkonzept für den Einzelhandel in seinem Stadtviertel selbstständig macht? Muss der Reisebürobesitzer die CDU wählen, weil die SPD bereits die Interessen seiner Angestellten vertritt? Es sind eben nicht nur die Arbeitnehmer:innen, die von Arbeit leben – und alle jene gilt es dort abzuholen, wo sie stehen. Auf Bundesebene wurde 2019 mit dem Konzept „Ein neuer Sozialstaat für eine neue Zeit“ bereits eine neue Richtung beschritten, die Arbeit weiterdenkt. Wir setzen diese Idee in unseren Foren auf der kommunalen Ebene in die Tat um.
Beispiele aus Bochum und Köln zeigen, wie es gehen kann
Wir müssen uns vergegenwärtigen, dass viele Unternehmer:innen auch sozialdemokratisch und progressiv eingestellt sind, sich jedoch oftmals nicht durch die SPD angesprochen fühlen. Wir müssen darüber hinaus anerkennen, dass die sozial-ökologische Wende konkret nur mit den Wirtschaftstreibenden vor Ort zusammen umgesetzt werden kann. Viele Unternehmer:nnen brauchen sinnvolle Unterstützung, damit sie sozial und ökologisch nachhaltig wachsen können. Hier muss die SPD als kompetente Ansprechpartnerin und Anwältin in Erscheinung treten. Es ist daher notwendig, dass die SPD Unternehmen vor Ort in den politischen Prozess einbindet, indem sie ganz direkt die Bedürfnisse und Wünsche erfragt, sozialdemokratisch übersetzt und in die regionalen Entwicklungspläne integriert, sprich: Die Bedarfe der Unternehmer:innen werden in einem ersten Schritt gehoben und dann gemeinsam sozialdemokratische Antworten entwickelt (konkret und langfristig). Der Fokus muss klar auf guter Beschäftigung, nachhaltigem Wachstum und ökologischem Fortschritt liegen.
Zwei Beispiele aus Nordrhein-Westfalen zeigen, dass dies möglich ist. So wurde 2020 das „UnternehmerInnen-Forum Bochum“ gegründet. Hier stehen die Bedarfe von ansässigen Wirtschaftstreibenden (insb. von Klein- und Kleinstunternehmen) im Zentrum. Gemeinsam mit weiteren städtischen Akteuren wurden im September 2020 bestehenden Angebote im Bochumer Stadtgebiet diskutiert und bewertet. Dabei wurden auch bürgernahe Themen angesprochen, wie etwa die Aufenthaltsqualität im Stadtviertel (Fassadenbegrünung, autoreduzierte Straßenzüge etc.). Aus den Ergebnissen der Diskussion wurde ein Konzeptpapier erstellt und an die politische Entscheidungsebene der Bochumer SPD übermittelt. Das Format soll auch in 2022 weiterverfolgt werden und in einem nächsten Schritt den Einzelhandel in der Innenstadt und städtische Smart-City-Maßnahmen fokussieren. Auch das Wirtschaftsforum der KölnSPD verfolgt diese Strategie. Es bietet Wirtschaftstreibenden vor Ort eine Plattform zum Austausch mit politisch und praktisch Verantwortlichen. Zuletzt nahmen rund 40 Soloselbstständige und Kleinunternehmer:innen an einem Austausch mit dem Vorsitzenden der NRWSPD, Thomas Kutschaty, Landtagsabgeordneten, Kommunalpolitiker:innen sowie Vertreter:innen der lokalen IHK teil. Gemeinsam wurden Leitlinien für eine bessere Unterstützung der Betroffenen in der Corona-Pandemie erarbeitet und in den politischen Prozess im Land eingebracht. Darüber hinaus engagiert sich das Forum in der Bildung strategischer Netzwerke der KölnSPD zu Beschäftigten, Unternehmen und Verbänden. Aktuell geschieht dies mit Akteuren der Wasserstoffwirtschaft und des inhabergeführten Einzelhandels. Indem Wirtschaftstreibende ein Forum zum Austausch mit PolitikerInnen erhalten, befähigt man sie zur aktiven Beteiligung am politischen Prozess – und legt den Grundstein für eine Politik mit ihnen statt nur für sie. Beiden Formaten ist die Etablierung eines partizipativen politischen Netzwerkes zentrales Anliegen. Die Wirtschaftstreibenden vor Ort sollen sich mit ihren Anliegen und auch gesellschaftspolitischen Themen bei der SPD aufgehoben fühlen und gemeinsam mit den politisch Verantwortlichen inhaltliche Schwerpunkte, konkrete Projekte und Maßnahmen abstimmen – getreu dem Motto: „Die Politik sind wir!“ Immer wieder zeigt sich: Selbständige wollen gehört werden und zeigen sich stark interessiert an einer stetigen Verbindung zur SPD. Gleichwohl fehlt Ihnen die politische Heimat. Für linke Parteien sind sie häufig zu sehr Unternehmer:innen, für liberale dagegen zu sehr Arbeitnehmer:innen. Deshalb gehören sie in den Fokus der SPD – der Partei für alle, die von Arbeit leben!
Positionspapier
24.06.2020
Solidarisch zu einem besseren Morgen
sozialdemokratische Positionen für eine neue Wirtschaftspolitik nach der Corona-Krise
Dies ist die Zeit, um sich auf die Tugenden der Arbeiter- und Gewerkschaftsbewegung zu besinnen: auf Fortschrittsoptimismus und Solidarität.
Fortschritt löst gesellschaftliche Probleme und schafft Lebensqualität: durch neues Wissen, technologische Innovationen und soziale Rechte. Er ist die Voraussetzung für ein Leben in Freiheit, Sicherheit und Wohlstand. Gesellschaftlicher Fortschritt gelingt durch Solidarität. Denn Solidarität ist die Kraft, um Fortschritt für alle Menschen zu erstreiten.
Solidarität schafft Vertrauen. Und das Vertrauen ist die Voraussetzung, im Leben einer ungewissen Zukunft mit Zuversicht und Selbstvertrauen zu begegnen. Die Wenigen, die große -meist ererbte- Vermögen besitzen, bedürfen dieser Solidarität nicht. Die Vielen, die mit ihrer Arbeit unsere Wirtschaft und Gesellschaft in Gang halten, hingegen schon. Eben die Solidarität der Vielen untereinander, aber auch die Soldiarität der Wenigen mit den Vielen ist es, die Sozialdemokrat*innen seit jeher einfordern.
Die Coronakrise hat uns vor Augen geführt, wie sehr ganze Länder, Wirtschaftssektoren, Unternehmen und Beschäftigte aufeinander angewiesen sind. Viele Dienstleistungen leben von der Wertschöpfung der Industrie. Aber ohne Erzieherinnen, Verkäuferinnen oder Transportarbeiter ist die Industrie nicht produktiv. Ohne ein starkes Gesundheits- und Bildungssystem sind Wirtschaft und Wohlstand ungeschützt und krisenanfällig. Dadurch fehlt es an Kraft und Kreativität für die Lösung von Problemen. Die Coronakrise zeigt uns drastisch, welche Mängel unser Bildungs- und Gesundheitssystem hat und wie groß Deutschlands Rückstand bei der Digitalisierung ist.
Jetzt ist die Zeit, diese Mängel zu beheben und den Rückstand aufzuholen.
Nachhaltiger Wohlstand gründet sich auf dem Willen zum Fortschritt und auf der Bereitschaft zur Solidarität und im Vertrauen in unsere Mitmenschen. Solidarität erschöpft sich nicht in Gesten und Symbolen. Sie muss sich in guten Einkommen, in sozialer Sicherheit und sozialen Rechten widerspiegeln. Die Gewerkschaften und der Sozialstaat sind Ausdruck dieser verbindlichen Solidarität. Der Sozialstaat fängt in diesen schweren Monaten Millionen von Arbeitnehmerinnen und ihre Familien auf und sorgt dafür, dass die Binnennachfrage stabilisiert wird. Hundertausende bislang schlecht bezahlte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer werden auf einmal als systemrelevant bezeichnet. Zu Recht. Sie verdienen bessere Löhne, Arbeitszeiten sichere Arbeitsplätze. In der Krise erst recht, aber auch danach. Wir sind der politische Garant dafür, dass in der vor uns liegenden schweren Wirtschaftskrise diese Solidarität gesichert und ausgeweitet wird, wo es nötig ist.
Wir können nicht weitermachen, wie zuvor.
Wir wollen einen Aufbruch in eine neue Zeit, in ein besseres Morgen nach der Corona-Krise.
Wir schrecken vor den Herausforderungen nicht zurück, sondern gestalten sie zum Wohle der Vielen.
Derzeit verschärfen und beschleunigen sich viele Entwicklungen, die wir schon vor der Krise erlebt haben. Die soziale Ungleichheit nimmt weiter zu. Solo-Selbstständige, Künstler und prekär beschäftigte Menschen mangelt es an sozialer Sicherheit. Die Digitalisierung erfährt durch die Krise einen enormen Schub und die Herausforderung durch den Klimaschutz wird mit großer Wucht zurückkommen. Deshalb wollen wir nicht nur sichern und erhalten, wo Arbeitslosigkeit und wirtschaftliche Niedergang drohen.
In den kommenden Monaten und Jahren werden massive Anstrengungen nötig sein, um den wirtschaftlichen Einbruch infolge des Corona-Stillstands zu überwinden. Die öffentliche Hand muss und wird, legitimiert durch demokratische Entscheidungen, enorme Finanzmittel mobilisieren, um unsere Wirtschaft wieder in Gang zu bringen und die Rezession zu überwinden. Aber darüber hinaus will die Sozialdemokratie die notwendigen Konjunkturprogramme für ökonomischen und sozialen Fortschritt nutzen: für Investitionen in neue digitale und ökologische Technologien, in ein besseres und gerechteres Bildungssystem und nicht zuletzt für einen besseren Sozialstaat, der Leistungsgerechtigkeit, Sicherheit und Zusammenhalt garantieren kann.
Eine wichtige Säule, auf der der Wohlstand in Deutschland der vergangenen Jahrzehnte aufbaute und die auch in Zukunft ganz zentral für eine wirtschaftliche Erholung sein wird, ist der europäische Binnenmarkt. Gerade in Zeiten, in denen die Globalisierung ihre Dynamik ändert, an vielen Stellen ins Stocken gerät oder in ihrer bisherigen Form auch keine Antworten auf wachsende soziale Spaltung und Klimawandel findet, ist der Zusammenhalt und die politische Gestaltung im Rahmen der Europäischen Union wesentlich für unsere Vorstellung von nachhaltigem Wohlstand und Demokratie. Durch die Krise ist jedoch die Existenz dieser EU bedroht, wenn keine solidarischen Antworten gefunden werden, die allen europäischen Volkswirtschaften nutzen.
Daher müssen wir diese enormen Anstrengungen des demokratischen Staates von der europäischen bis zur kommunalen Ebene, der Tarifparteien und der Zivilgesellschaft zu einem qualitativen Neustart unser Wirtschaft machen, der Fortschritt für uns alle schafft. Die Verbindung aus Solidarität, Fortschritt und Internationalismus ist seit jeher die Stärke der Sozialdemokratie.
1. die Corona-Krise als Verstärker der Umbrüche unserer Zeit
Die soziale Ungleichheit hat in Deutschland wie in den wichtigsten Industrieländern seit den 1980er Jahren zugenommen1. Beim Vermögen ist dieser Jahrzehntelange Trend dabei noch einmal deutlich stärker, als bei den laufenden Einkommen. In Deutschland hat sich ein Niedriglohnsektor auf hohem Niveau etabliert, an dem auch der Wirtschaftsaufschwung der letzten Jahre nicht geändert hat. In Deutschland lag die Niedrigeinkommensquote in den 1990er Jahren noch bei rund elf Prozent. Bis zum Jahr 2016 ist dieser Wert auf 16,6 Prozent gestiegen. Die in der Corina-krise nun oftmals als „systemrelevant“ geehrten Beschäftigten in der Pflege, in der Logistik oder im Einzelhandel gehören zu eben diesen chronisch schlecht bezahlten Arbeitnehmer/innen. Auch schlecht bezahlte Soloselbständige, etwa bei Lieferdiensten oder Paketzustellern, ebenso wie Werkvertrags- und Leiharbeitnehmer leiden wegen mangelnder Sicherheit besonders unter der Krise. Aber auch die etwas besser bezahlten oder sogar ordentlich verdienenden Fachkräfte müssen nun Einkommensverluste erleiden. Bis Ende April wurden von den Unternehmen für bis zu 10 Mio. Beschäftigten Kurzarbeit beantragt.
Dem steht eine jahrzehntelang anhaltender Zuwachs bei den höchsten Einkommen und Vermögen gegenüber, der schon vor der Corona-Krise dramatische Ausmaße angenommen hat. So verfügten im Jahr 2017 in Deutschland die untere Hälfte der Bevölkerung über einen durchschnittlichen Anteil Vermögen von 1,3 Prozent. Am oberen Ende der Verteilung halten die reichsten zehn Prozent einen Anteil von 56 Prozent des Gesamtvermögens. Allein das reichste Prozent besitzt einen Vermögensanteil von etwa 18 Prozent. Dies ist ungefähr so viel, wie die ärmsten 75 Prozent der Bevölkerung zusammen an Vermögen halten. Auch bei den Einkommen konnte das reichste Zehntel seit 2006 sein -trotz der zwischenzeitlichen Finanzkrise- Einkommen mit 6,2 Prozent steigern, während die untersten 10 Prozent sogar noch einen realen Einkommensverlust von 1,5 Prozent seit 2006 zu verkraften hatten2.
Nach zehn Jahren anhaltendem Wirtschaftswachstum ist die soziale Ungleichheit aus dem Blick geraten. Nun gerät infolge der Corona-Krise die Sorge um die soziale Sicherheit und die Forderung nach sozialer Gerechtigkeit mit Wucht zurück.
Schon vor der Corona-Krise verzeichnete Deutschland ebenso wie Nordrhein-Westfalen einen drastischen Mangel an privaten und öffentlichen Investitionen. Vor allem mussten viele Kommunen aufgrund ihrer strukturellen Finanzprobleme bei den Investitionen kürzen. Gewerkschaften und Arbeitgeber hatten bereits im Oktober 2019 einen zusätzlichen öffentlichen Investitionsbedarf von 450 Mrd. EUR für die kommenden zehn Jahre festgestellt. Der Investitionsbedarf ist in der Krise nicht verschwunden, im Gegenteil liegt hier auch eine Chance für einen massiven Impuls für unsere Wirtschaft. Darüber hinaus wird in der Krise deutlich, wie sehr Personalmangel der öffentlichen Hand, in Schulen, Kitas, Gesundheitseinrichtungen, Zoll und Ordnungsbehörden, Genehmigungsbehörden und anderen Bereichen die staatliche Handlungsfähigkeit schwächt. Auch hier wird mehr Personal zu besseren Bedingungen erforderlich sein.
Diese Investitionen und die sozialstaatlichen Stützungsmaßnahmen gerecht zu finanzieren, wird von einer wirtschaftlich gebeutelten Bevölkerung besonders nachdrücklich eingefordert werden. Und dies völlig zurecht. Schätzungen zufolge liegen 380 Mrd. Euro Vermögen aus Deutschland undeklariert in Finanzoasen3. Dadurch ergeben sich jährliche Steuerausfälle von etwa 11 Mrd. Euro. Betrachten wir die enorme Zunahme der Spitzenvermögen und -einkommen der letzten Jahre, ihre relativ geringe Steuerbelastung im Vergleich zu mittleren und unteren Einkommen und die durch die Paradise-Papers und Steuer-CD-Käufe z.B. in NRW deutlich gewordene alltägliche Praxis der Steuerflucht und -vermeidung in einem Zusammenhang, ist klar, dass es die Reichsten der Gesellschaft sind, die ihrer Verantwortung nun erst recht gerecht werden müssen. Dies ist nicht zuletzt auch aus wirtschaftlicher Vernunft geboten. Vermögen wirken produktiv, sofern sie auf den Finanzmärkten für realwirtschaftliche Investitionen verwendet werden. Der Finanzsektor heutiger Größe dagegen befeuert Spekulationen und Krisen. Erfolgreiche Wirtschafts- und Steuerpolitik schöpft deshalb übermäßige Vermögen ab und nutzt sie zur Stärkung von Kaufkraft und gesamtwirtschaftlicher Nachfrage. Nur so nutzen sie dem wirtschaftlichen Erfolg der Gesellschaft.
Die derzeitige Krise offenbart, wie sehr kostenoptimierte, globale just-in-time Wertschöpfungsketten anfällig für Schocks sind, was vor allem, aber nicht nur bei kritischen Gütern und Dienstleistungen ein Problem für die Versorgung in Deutschland ist. Schon der Aufschwung nach der letzten Finanzkrise 2008/2009 hat deutlich gemacht, wie wichtig eine vielfältige Wirtschaft mit hoher Wertschöpfungstiefe und großer Handelspartnervielfalt ist, um solche Schocks besser zu bewältigen und ein langfristig stabilen Wohlstand erwirtschaften zu können. Im Umkehrschluss sind monopolartige Strukturen sowie hohe Konzentration von Kompetenzen und spezifischen Kapazitäten problematisch. Dies können wir derzeit im Pharmabereich sehen (Medikamenten-Grundstoffe und Ausrüstungsgüter aus wenigen Ländern)4, aber auch in bestimmten industriellen Lieferketten. Hinzu kommt die in der Krise sichtbarer gewordene internationale Ungleichheit bei der Verteilung der Globalisierungsgewinne und die damit oftmals verbundene sehr unterschiedliche staatliche Handlungsfähigkeit. Reale oder vermeintliche Nachteile in der Globalisierung haben diejenigen politischen Kräfte gestärkt, die nationalistische Alleingänge gerade jetzt in den Zeiten forcieren, in denen im Gegenteil mehr internationale Kooperation erforderlich wäre. So zeigt sich, dass die bisherige Form der Globalisierung und internationalen Zusammenarbeit, nicht zuletzt innerhalb der EU, ohne einen demokratisch legitimierten, politischen Ordnungsrahmen und eine gerechtere Verteilung des Wohlstandes nicht dauerhaft bestehen kann. Globalisierung funktioniert nur dort, wo sie durch starke Sozialpolitik und einen handlungsfähigen, aktiven Staat flankiert wird. Wir brechen deshalb mit der Maxime des schlanken, sich zurückziehenden Staats.
Der technische Fortschritt der Digitalisierung kommt nicht zuletzt bei den 25% der Arbeitnehmer/innen, die derzeit im Homeoffice arbeiten, nun in bislang nicht gekannten Ausmaß an. Onlinehandel, virtuelle Austauschformen und digitalisierte Prozesse in Unternehmen nehmen weiter Fahrt auf. Wie schon vor der Corona-Krise wird dies nicht alle wirtschaftlichen Aktivitäten gleichermaßen erfassen. Aber selbst dort, wo wie etwa in der Pflege oder auch im Tourismus, der Kultur oder der Gastronomie die direkte Begegnung von Menschen für unsere Lebensqualität auch künftig unabdingbar sind, erleichtern digitale Lösungen oftmals das Leben. Auch hier wird deutlich, wie etwa bei der Diskussion um die Corona-App, wie wichtig digitale Souveränität für jeden Einzelnen, aber auch für eine demokratische Gesellschaft als Ganzes für die Zukunft sind5. Die Krise legt die Mängel in Deutschland und Europa bei der Glasfaserinfrastruktur, beim digitalen Lernen in Schule und Hochschule oder auch bei den Server- und Datenverarbeitungskapazitäten oder den digitalen Plattformen schonungslos offen6.
2. Solidarisch stark – für ein besseres Morgen
2.1. Gute Arbeit ist systemrelevant - in der Krise und danach
Der Vergleich mit der letzten Finanzkrise macht es deutlich. Als „systemrelevant“ werden nun in der öffentlichen Debatte nicht mehr die Banken bezeichnet, sondern insbesondere die Beschäftigten in vielen -oft schlecht bezahlten, vielfach kaum abgesicherten und zum überwiegenden Teil von Frauen ausgeübten- Dienstleistungsberufen. Und das ist gut so. Dazu gehören zuvorderst das Pflegepersonal, Arzthelfer/innen aber auch Erzieher/innen und Sozialarbeiter. Dazu kommen die Arbeitnehmer im Einzelhandel, in der Logistik, in der Abfallwirtschaft oder bei Lieferdiensten. Der Dienstleistungssektor hat in den vergangenen Jahren einen Zuwachs an Beschäftigten zu verzeichnen. Gerade bei den sozialen Dienstleistungen stehen aber den offenkundigen enormen Leistungen und Belastungen der -meist weiblichen- Beschäftigten schon vor der Krise keine angemessen Absicherung und Bezahlung gegenüber7. Es fehlt zudem oft an gewerkschaftlicher Organisation und betrieblicher Mitbestimmung. Gelingt es hier die Rahmenbedingungen deutlich zu verbessern, bieten die großen Bedarfe in diesem Bereich eine große Chance, neue Arbeitsplätze zu schaffen und die Lebensqualität von uns allen zu verbessern.
Es ist die zentrale Aufgabe der Sozialdemokratie, im Dienstleistungssektor für die Beschäftigten nun dauerhafte, materielle Verbesserungen zu erkämpfen und neue gute Arbeitsplätze zu schaffen.
Wir fordern:
Mehr Fachkräfte und bessere Arbeitszeiten in den sozialen Dienstleistungen durch Verbesserung der gesetzlichen Personalschlüssel
Mehr bezahlte Aus- und Weiterbildung
Volle Gewerkschaftsrechte für Mitarbeiter/innen auch in kirchlichen Einrichtungen
Volle Arbeitnehmerrechte für Beschäftigten im Bereich der Dienstleistungsplattformen inkl. digitaler Zugangsrechte für Gewerkschaften
….
Industrielle Facharbeit ist das Rückgrat unserer wirtschaftlichen Stärke. Die hier erzielte Wertschöpfung kommt direkt über unternehmensnahe Dienstleitungen und indirekt über Sozialversicherungsbeiträge und Steuern auch dem Dienstleistungssektor zugute. Innovationsfähigkeit und große Wertschöpfungstiefe ist nur mit den Fähigkeiten und unter Berücksichtigung der Interessen der Beschäftigten in Industrie und Handwerk zu haben. Kurzfristig gilt es, die Beschäftigten trotz der Krise in Arbeit zu halten, damit sie wegen des langfristigen demografischen Wandels nach der Krise den Betrieben gehalten werden können. Darüber hinaus bedarf es gezielter konjunktureller Impulse (s. 2.3) ebenso wie umfassender Aus- und Weiterbildung für Qualifikationen in Wachstumsbereichen. Die Krise zeigt, dass Gewerkschaften und Betriebsräte gestärkt werden müssen.8
Wir fordern:
Kurzarbeitergeld auf 80 bzw 87% des vorherigen Entgelts erhöhen,
Corona-Elterngeld, dessen Bezug bei Paaren an die Bedingung einer Arbeitszeitreduzierung beider Elternteile geknüpft ist.
die Aufhebung des Arbeitgeber-Vetos bei der Allgemeinverbindlichkeitserklärung von Tarifverträgen,
verschärfte strafrechtliche Verfolgung von Behinderung von Gewerkschaftsaktivtäten in Unternehmen („Union Busting“),
wirksame Tariftreuegesetze für öffentliche Aufträge, insbesondere bei krisenbedingte Hilfsprogrammen
die Ausweitung der Gültigkeit von Tarifverträgen auch für „arbeitnehmerähnliche“ Beschäftigte.
Tarifverträge müssen auch nach Betriebsübergängen kollektiv weitergelten.
Sicherung von Ausbildungsplätzen durch Solidarfonds Ausbildung.
…
Der digitale Wandel der Arbeitswelt nimmt durch die Corona-Krise Fahrt auf. Homeoffice und viele andere digitale Arbeitsprozesse haben schon vor der Krise stetig zugenommen und erfahren nun einen zusätzlichen Schub. Dabei sind Chancen und Risiken für die Beschäftigten je nach Beruf und Branche höchst unterschiedlich. Gleichzeitig müssen diese Arbeitnehmer auch Familie und Freizeit mit dem Beruf vereinbaren können. Arbeit und ihre Organisation funktionieren nicht nur in Krisenzeiten besser mit als gegen die Mitarbeiter. Dauerhafte zusätzliche Belastungen etwa durch die Aufhebung von Ruhezeiten, Ausweitung von Arbeitszeiten, wie sie an machen Stellen nun im Zuge der Krise durchzusetzen versucht werden, sind der falsche Weg.
Wir fordern:
Rechte von Betriebsräten ausweiten, z.B. bei Einführung neuer digitaler Systeme
Recht auf mitarbeiterfreundliches Homeoffice gesetzlich regeln, inkl. der Begrenzung von Arbeitszeiten und Gesundheitsschutz am Heimarbeitsplatz
Beschäftigtendatenschutz stärken
Rechtsanspruch auf und Ausweitung von Weiterbildung, finanziert durch Arbeitgeber und die öffentliche Hand (z.B. durch das Chancenkonto oder das Transformations-Kurzarbeitergeld des DGB)
Verbesserung und „Entstigmatisierung“ der betrieblichen Kultur der Weiterbildung
…
2.2. Sozialstaat ist Voraussetzung für eine krisenfeste Wirtschaft
Das deutsche Gesundheitswesen hat sich im Zuge der Krise auch im internationalen Vergleich als relativ leistungsfähig erwiesen. Schwachstellen sind die Arbeitsbedingungen für das Pflegepersonal und regionale Versorgungsunterschiede. Es hat sich deutlich gezeigt, dass ein starkes Gesundheitssystem die Voraussetzung für eine funktionierende Wirtschaft ist. Daher müssen wir weg vom Paradigma der betriebswirtschaftlichen Kostenoptimierung hin zu einem volkswirtschaftlich und nachhaltig gestalteten System für Gesundheit und Pflege. Die Finanzierung muss dabei gerecht gestaltet werden. Dabei folgt auf das oberste Ziel einer ausreichenden und für alle verfügbaren Gesundheitsversorgung (Grundrecht) auch das Ziel, in einer alternden und nicht mehr wachsenden Bevölkerung die Arbeitskraft nachhaltig zu erhalten.
Wir fordern:
Allgemeinverbindliche Tarifverträge für den Pflegebereich
Bürgerversicherung zur Einbeziehung aller Einkommens- und Risikogruppen
Ausweitung der öffentlichen Gesundheitsversorgung durch Stärkung der Gesundheitsämter, öffentlicher Versorgungszentren und Stärkung der öffentlichen Krankenhausversorgung
….
Aktive und vorausschauende Arbeitsmarktpolitik ist in der Coronakrise nötiger denn je. Es zeigt sich nun deutlicher aus zuvor, dass Arbeitslosigkeit eben kein individuelles Verschulden, sondern in den allermeisten Fällen der Konjunktur in einer kapitalistischen Marktwirtschaft geschuldet ist. Umgekehrt bedeutet eine starke soziale Sicherung auch volkswirtschaftliche Stabilisierung sowohl für die Fachkräftebasis wie auch die Binnennachfrage. Millionen von Beschäftigten sind infolge von krisenbedingten Entlassungen nun mit den Regeln und Anforderungen der Arbeitslosenversicherung und der Jobcenter konfrontiert. Es wird klar, dass eine gemeinsame Anstrengung aller Beteiligten geboten ist, statt einer systematischen Verdächtigung und Herabwürdigung des Einzelnen, wenn wir eine dauerhafte Massenarbeitslosigkeit verhindern wollen. Die im Dezember 2019 gefassten Beschlüsse des Bundesparteitages der SPD haben daher eine größere Aktualität denn je.
Wir fordern nun insbesondere9:
längere Bezugsdauer ALG I, bei Weiterbildung auf bis zu 24 Monate sowie ansteigend mit der Dauer der Beitragsjahre, also bei mindestens 20 Jahren Beitragszeit um 3 weitere Monate, ab 25 Jahren um 6 Monate und ab 30 Jahren um 9 Monate.
das ALG II muss zum Bürgergeld umgewandelt werden, bei dem in den ersten 24 Monaten keine Prüfung von Vermögen und Wohnungskosten erfolgt und bei dem das Existenzminimum jederzeit sanktionsfrei gesichert ist.
….
2.3. Konjunkturprogramm für den solidarischen Fortschritt
Der Neustart nach der Krise erfolgt unter Regie demokratisch legitimierter Politik. Wie schon beim gesellschaftlichen Großkonflikt um die Kohleverstromung zeigt sich auch hier, dass die Letztentscheidung über die Richtung und die entsprechenden Maßnahmen für die grundlegenden wirtschaftliche Entwicklung in der Verantwortung demokratischer Politik unter Abwägung der unterschiedlichen Interessen etwa von Kapitaleigentümern, Beschäftigten, gesundheitlich gefährdeter Gruppen oder Umweltverbänden liegt. Wir wollen und brauchen demokratiekonforme Märkte, keine marktkonforme Demokratie.
Demokratisch legitimierte Politik hat das Wohl der Gesellschaft als Ganzes und für die künftigen Generationen in den Blick zu nehmen. Nicht zuletzt die massiven finanziellen Anstrengungen des Staates rechtfertigen mehr als je zuvor eine Konditionierung staatlicher Finanzhilfen an das Gemeinwohl, was insbesondere eine gerechte Wohlstandsverteilung, den Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen, und die demokratische Mitbestimmung der Bürgerinnen und Bürger in allen Lebensbereichen umfasst.
Der wirtschaftliche Einbruch infolge der Corona-Pandemie muss nun durch aktives staatliches Handeln auf allen Ebenen (Kommunen, Länder, Bund und EU) angegangen werden. Dafür sind kombinierte Konjunkturprogramme der jeweiligen Ebenen erforderlich, die die erwähnten Gemeinwohlinteressen zur Grundlage haben.
Wir fordern:
staatliche Konjunkturprogramme (Kredite, Beteiligungen, Zuschüsse) müssen an die Tariftreue, Mitbestimmung, gesetzeskonforme und transparente Versteuerung, Ausbildungssicherung und Klimaschutzziele geknüpft werden.
den Empfänger staatlicher Hilfen müssen Aktienrückkäufen, Dividendenauszahlungen und Bonuszahlungen für Manager untersagt werden.10
Die zur Stabilisierung der Wirtschaft erforderlichen staatlichen Beteiligungen bei privaten Unternehmen (z.B. bei Lufthansa) müssen mit wirksamer Mitspracherechte bei Unternehmensentscheidungen verknüpft werden, um Gemeinwohlansprüche sowie eine angemessene Rückvergütung für die gewährten Hilfen zu sichern; hier sollten kollektiv geregelter Mitarbeiterkapitalbeteiligungen als weitere, ergänzende Option gefördert werden.
Einen Corona-Lastenausgleichsfonds, der Kreditverpflichtungen von Unternehmen und anderen Einrichtungen und Institutionen übernimmt, die im Zuge der unmittelbar Corona-bedingten Shutdowns eingegangen werden mussten.
Die Finanzierung der o.g. staatlichen Maßnahmen muss vorrangig durch ein eine Ausweitung der Besteuerung von Vermögen, Erbschaften, Spitzeneinkommen und spekulativen Finanztransaktionen erfolgen. Der Corona-Lastenausgleich ist durch eine einmalige Vermögensabgabe für große Vermögen zu finanzieren.
…
Eine aktive Industrie- und Innovationspolitik zur Überwindung der Coronakrise muss sich an den heutigen und künftigen gesellschaftlichen Bedarfen orientieren. Hierzu zählt eine gerechte Wohlstandsverteilung, die Bewältigung des demografischen Wandels („weniger, älter, bunter“) und die Klimaschutzziele. Strategische Projekte für technologische und soziale Innovationen müssen diese gesellschaftlichen Bedarfe zur Grundlage für die Auswahl von Forschungs- & Entwicklungsschwerpunkten haben. Dabei geht es nicht um spezifische Technikauswahl, wohl aber um klare Ziele wie etwa Umweltgrenzwerte und Indikatoren der Wohlstandsverteilung. Als Querschnittsaufgabe und Grundlage für eine dauerhaft an diesen Zielen ausgerichtete Industriepolitik ist die Sicherung einer allgemein zugänglichen, öffentlich kontrollierten und modernen Infrastruktur erforderlich. In diesem Rahmen sind und bleiben die Initiative von InnovatorInnen, GründerInnen und UnternehmerInnen in privaten und öffentlichen Unternehmen, zivilgesellschaftlichen Organisationen und wissenschaftlichen Institutionen wesentliche Treiber für die wirtschaftliche Dynamik, die es zu fördern gilt.
Wir fordern:
Bedarfsorientierte Innovationsplattformen unter Einschluss der betroffenen Branchen und Industrien sowie deren Gewerkschaften, der Zivilgesellschaft und der Wissenschaft, z.B. bei der Wasserstoffwirtschaft, der neuen Mobilität oder der demokratischen Digitalisierung.
Eine Infrastrukturoffensive für eine moderne, öffentliche kontrollierte Infrastruktur in den Bereichen Gesundheit, Wohnen, nachhaltiger Mobilität und Digitalisierung
für den Automobil- und den Chemiesektor jeweils eine Initiative zur Bewältigung der anstehende Transformationsleistungen unter Einbeziehung der Sozialpartner zu starten, um nach dem Vorbild der Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ für mehr Planungssicherheit und klarer Rahmenbedingungen zu sorgen.
die Stärkung von Betriebsräten im Prozess des gesellschaftlich-technologischen Wandels, z.B. durch eine öffentlich unterstütze Transformationsberatung.
öffentlichen Beteiligungsfonds auf Landes- und Bundesebene unter Einbeziehung der Sozialpartner zur Sicherung von Industriebetrieben und ihrem technologischen Know-How sowie zur Anregung von Investitionsaktivität entlang der o.g. Zielsetzungen.
...
Die Coronakrise zeigt deutlich, in welchen Bereichen wir in der Digitalisierung Nachholbedarf haben, wo aber auch die schon erfolgte Digitalisierung Probleme mit sich bringt. Unser Ziel ist eine demokratische Digitalisierung, die moderne digitale Infrastrukturen und Services für alle Wirtschafts- und Gesellschaftsbereiche verknüpft mit digitaler Souveränität sowohl für Bürgerinnen und Bürger ebenso wie für unsere europäische Volkswirtschaft als Ganzes. Die Prinzipien von Kooperation, Beteiligung und Transparenz sind im Zuge der Digitalisierung gegenüber privatwirtschaftlichen Gewinninteressen bislang zu kurz gekommen, obwohl open innovation und open source-Ansätze hier vielfältige Möglichkeiten eröffnen. Die Monopolisierung auf digitalen Märkten durch die Netzwerkeffekte und den massiven Technologievorsprung der großen IT-Konzerne droht, die Stärken der deutschen und europäischen Wirtschaft dauerhaft zu unterlaufen. Gelingt ein spezifisch europäischer Weg der Digitalisierung, gewinnen wir nicht nur mehr gesellschaftliche Kontrolle, sondern auch mehr Wettbewerb und wirtschaftliche Entwicklungschancen für start ups, Mittelstand und Industrie.
Wir fordern11:
Eine Digitalagentur, die Plattformen beaufsichtigt und reguliert.
Eigene Öffentliche Infrastruktur bei Clouddiensten und damit verbundenen physischer digitaler Infrastruktur.
Aufbau und Förderung öffentlicher und genossenschaftlich-zivilgesellschaftlicher digitaler Plattformen etwa bei Medieninhalten12, Wohnen, Handel und Dienstleistungen
Die besondere Förderung von open-source-Ansätzen, durch verstärkte Forschungsförderung und die besondere Berücksichtigung bei öffentlichen Beschaffungen.
Die Verpflichtung großer digitaler Plattformen zu Interoperationalität und Datenteilung 13
…
Bei der Krisenbewältigung muss eine Neugestaltung internationaler Wirtschaftsbeziehungen angestrebt werden. Dabei gilt es in einem schon vor der Krise veränderten internationalen Umfeld die strategischen Interessen der deutschen und europäischen Wirtschaft zu wahren. Im Mittelpunkt steht dabei der Erhalt und die Weiterentwicklung eines sozial und ökologisch regulierten EU-Binnenmarktes. Dazu sind massive politische Schritte und grundlegende Reformen der EU erforderlich, die Europa endlich mit einer handlungsfähigen und demokratisch kontrollierten Wirtschaftsregierung ausstatten. Dies ist auch, aber nicht nur eine Antwort auf den aggressiven wirtschaftlichen Nationalismus, der insbesondere die derzeitige US-amerikanischen Regierung („America first“) wie auch die chinesische Staatsführung („Made in China 2025“)14 betreiben. Dabei bleiben faire und offene Handelsbeziehungen ein sinnvolles Mittel der Außenwirtschaftspolitik. Sie sind jedoch kein Selbstzweck. Die Grundversorgung unserer Volkswirtschaften, ihre dauerhafte technologische Souveränität und die Erfüllung unserer Gemeinwohlziele müssen Bestandteil einer neuen Globalisierung werden. Dabei sind und bleiben die großen Wirtschaftsmächte ebenso wie die Schwellen- und Entwicklungsländer unsere Partner, deren Zugang zu unseren Märkten von ihrem jeweiligen Entwicklungstand und der Erfüllung sozialer und ökologischer Standards abhängig sein müssen.
Wir fordern:
Die Einführung eines parlamentarisch kontrollierten echten EU-Haushaltes inkl. der Möglichkeit der Kreditaufnahme zu Investitionszwecken und der eigenen Refinanzierungsmöglichkeit durch eigene Steuereinnahmen der EU, z.B. einer europäischen Finanztransaktionssteuer. Wir unterstützen den Vorschlag der Bundesregierung vom Mai 2020 für einen europäischen Wiederaufbaufonds als enorm wichtigen, großen Schritt in diese Richtung.
Ein europäisches Wachstumsprogramm muss weniger national, sondern mehr regional gedacht werden. Europäische Investitionsmittel sollten gezielt zur Stärkung regionaler Wirtschaftsstrukturen und nachhaltiger Geschäftsmodelle eingesetzt werden. Nur so lässt sich echte Kohäsion und das Zusammenwachsen der Menschen in Europa erreichen.
Im Zuge des Green New Deal müssen zur Vermeidung von umweltbedingten Marktverzerrungen („carbon leakage“) Grenzausgleichsmechanismen für CO2-Emissionskosten auf europäischer Ebene geschaffen werden
Die Sicherung von kritischen Wertschöpfungsbereichen wie der Medikamentenversorgung oder der medizinischen Schutzausrüstung durch entsprechende Auflagen.
Die Aufnahme von verbindlichen, d.h. auch sanktionierbaren Sozial- und Umweltstandards gleichberechtigt mit den Gewinnsicherungsmechanismen für private Unternehmen in die Handelsverträge der EU mit Drittländern.
Die Förderung von zirkulärer Wertschöpfung zur Reduzierung der Abhängigkeit von Rohstoffimporte und gleichzeitig Reduktion des absoluten Rohstoffverbrauchs bei Steigerung der hiesigen Wertschöpfung.
…
Die Krise trifft die Wirtschaft in Deutschland und NRW auf ganz unterschiedlichen lokalen und regionalen Strukturen. Viele Kommunen sind infolge jahrzehntelagen Strukturwandels und einer unzureichenden Lastenverteilung zwischen Bund, Land und Kommunen überschuldet. Ihnen fehlten schon vor der Coronakrise die Mittel für Investitionen, aber auch für ausreichend Personal für die Erledigung wachsender Aufgaben. Stärken in bestimmten Branchen und Clustern sind höchst unterschiedlich verteilt. Ballungsregionen mit Hochschulen und Forschungseinrichtungen verfügen über andere Möglichkeiten und Probleme, als ländliche Räume, mit mittelständischer Unternehmensstruktur oder hohen Auspendlerzahlen. Die Herausforderungen des Rheinischen Reviers mit dem anstehenden Ausstieg aus der Braunkohleverstromung sind andere, als die in Südwestfalen mit seinen kleineren Automobilzulieferern oder jene in der attraktiven Universitätsstadt Münster mit einer attraktiven Hochschul- und Forschungslandschaft in der Nachbarschaft zum Ruhrgebiet. Auf diese regionalen Unterschiede müssen die nun anstehenden Konjunktur- und Strukturwandelprogramme im Sinne eine regionalisierten Struktur- und Wirtschaftspolitik eingehen und dazu die jeweiligen regionalen Akteure, einschließlich Sozialpartner, Kommunen, Zivilgesellschaft etc. einbinden. Hier verfügt NRW mit seinen 16 Regionalagenturen über eine gute und ausbaufähige Lenkungsstruktur, die in diesem Zusammenhang genutzt werden sollte.
Wir fordern
Regionale Konjunktur- und Wirtschaftsdialoge, gemäß der 16 Regionalagentur-Bezirke, die besondere Stärken und regionale Anforderungen für Konjunkturfördermaßnahmen erarbeiten.
Förderung von kommunal zu beauftragenden Design-Agenturen zur Neu-Konzeptionierung regionaler, nachhaltiger Wirtschaftsförderung
Förderung regionaler Innovationsplattformen, bestehend aus Unternehmen, der Politik und den Sozialpartnern (ähnlich der Forschungscluster an Universitäten), zur Konzeption von regionale Schwerpunktsetzung und Schaffung von Synergien in den Bereichen Produktion, Logistik und Dienstleistungen.
Zur Erprobung der in diesen Innovationsplattformen erarbeiteten Konzepte sollten nach dem Vorbild der Innovation City Bottrop auch in weiteren Kommunen mit passenden Voraussetzungen vergleichbare Reallabore angestoßen werden.
Gezielte Förderung von Klein- und Kleinstunternehmen mit Wachstumsperspektive in neuen Wirtschaftszweigen, wie E-Sports, regionaler Kreislaufwirtschaft etc.
Einen Altschuldentilgungsfonds für Kommunen, damit ihre Handlungsfähigkeit insbesondere bzgl. Investitionen nicht durch Altlasten beeinträchtigt wird
…
Der Klimawandel mag kurzfristig in den Hintergrund getreten sein, er bleibt jedoch die zentrale Herausforderung des 21. Jahrhunderts. Die Corona-Krise bietet uns die Chance, den ökologischen Umbau unserer Wirtschaft mit Nachdruck voranzutreiben. Konjunkturprogramme auf nationaler und europäischer Ebene sind in diesem Sinne streng an klimapolitischen Zielen auszurichten. Unser Ziel muss es sein, durch kluge Politik die Transformation zur „Green Economy“ so voranzubringen, sodass ihr der Markt selbst folgt. Dazu gehört zunächst die Setzung von klaren Standards (z.B. Pfad zum Ausstieg aus Verbrennermotor), Zielvorgaben (z.B. Ausbauziele für erneuerbare Energien) und Preisen.
Wir fordern:
Drastische Senkung der Stromsteuer und der EEG-Umlage
Einbeziehung aller Sektoren in CO2-Emissionshandel und hohe Zertifikatepreise für Öl, Kohle und Gas. Im Zusammenspiel beider Maßnahmen gewinnt Strom aus regenerativer Erzeugung deutlich an Attraktivität und wird so endlich „marktreif“.
Einführung einer CO2-Konsumsteuer und deren Pro-Kopf-Auszahlung als Klimaprämie zur sozial gerechten Förderung nachhaltigeren Konsumverhaltens
Steigerung der Akzeptanz der Energiewende durch stärkere Förderung von dezentralen Bürger- oder Mieterenergieprojekten
Massive Förderung von Forschung und Entwicklung im Bereich der Sektorenkopplung und der Wasserstofftechnologien mit ambitionierten Zielvorgaben für aufzubauende Elektrolyseleistung
Erhöhung der Quote energetischer Sanierungen von Gebäuden in öffentlicher und privater Hand
Förderung der nachhaltigen Umrüstung privater und öffentlicher Fuhrparks im Bereich PKW, LKW und ÖPNV
Ausbau der Schieneninfrastruktur und Verlagerung des Güterverkehrs von der Straße auf die Schiene
Neuausrichtung der Steuer- und Subventionspolitik an klimapolitischen Zielen, z.B. durch stärkere CO2-Komponente der KfZ-Steuer, Abschaffung umweltschädlicher Subventionen
Ausgabe von Green Bonds durch die Bundesfinanzverwaltung zur Generierung zweckgebundenen Kapitals für nachhaltige Investitionen und zur Stärkung der Märkte für nachhaltige Finanzprodukte
Die Klimakrise ist viel mehr als nur eine Krise der Ökologie. Im Weltmaßstab sind arme und kranke Menschen überproportional stark vom Klimawandel getroffen. Sie entzieht durch Dürren, sauren Regen oder schwindende Landmassen den Menschen in agrarisch geprägten Gesellschaften die Lebensgrundlage. Sie trifft aber auch hierzulande die Schwächeren ungleich stärker. Denn ihnen fehlen im Allgemeinen die Mittel, sich wirksam gegen Klimaveränderungen zu schützen. Die notwendige Umstellung ihres Konsum- und Mobilitätsverhaltens können sie sich häufig nicht leisten. Außerdem drohen durch den digital-ökologischen Umbau unserer Wirtschaft genau ihre Arbeitsplätze wegzufallen. Es liegt also in der Verantwortung der Sozialdemokratie, dass aus der Klimakrise keine soziale Krise wird.
Wir fordern:
Der Strukturwandel in der Energieproduktion muss arbeitsmarktpolitisch begleitet werden. So können Menschen, die früher in der Kohlegewinnung oder –verstromung gearbeitet haben, gezielt auf Tätigkeiten in der Stromerzeugung aus regenerativen Quellen vorbereitet werden.
Auch die Transformation der Automobilindustrie sowie ihrer Zulieferbranchen muss sozialpolitisch flankiert werden. Die Fertigung von Technologien zur Wasserstoffgewinnung oder Brennstoffzellen (weniger auch von Batteriezellen) setzt große Beschäftigungspotenziale frei, für die die Facharbeiter der Automobilbranche frühzeitig geschult werden könnten.
Kernelemente dieser Strukturpolitik sind das Up- und Reskilling. Beschäftige aus den genannten Branchen müssen gezielt durch Weiterbildungs- und Umschulungsprogramme angesprochen werden. Auch Ausbildungsinhalte sind in diesem Sinne „nachhaltig“ anzupassen, um jungen Menschen eine Perspektive in den neuen Industriezweigen zu geben.
In der Entwicklung neuer Technologien der Wasserstoffgewinnung oder Sektorenkopplung sind entwicklungspolitische Aspekte mitzudenken. Mittels der in Europa entwickelten Technologien könnte die Energiegewinnung selbst z.B. in afrikanischen Ländern erfolgen, die aufgrund ihrer klimatischen Bedingungen komparative Vorteile in der Herstellung regenerativer Energien aufweisen. Auf diese Weise schafft der Strukturwandel neue Wertschöpfungsketten in den ärmsten Regionen der Welt.
Eine sozialdemokratische Energiewende fühlt sich dem Dreiklang aus sozialer Verträglichkeit, ökologischer Nachhaltigkeit und wirtschaftlicher Effizienz verpflichtet. Konkret gestalten wir die Energiewende solidarisch, weil wir den vom Strukturwandel besonders betroffenen Menschen, Branchen und Regionen neue Chancen bieten und den Fortschritt für sie zum Erfolg machen. Wir gestalten sie nachhaltig, weil wir Natur- und Artenschutz die Bedeutung verleihen, die sie verdienen. Und wir gestalten die Energiewende erfolgreich, weil wir die großen Potenziale für Beschäftigung und Wachstum erkennen und nutzen. Die Sozialdemokratie begegnet dem Strukturwandel positiv und gestaltet ihn zum Wohle der Vielen.
Zur Finanzierung der dringend benötigten Konjunkturhilfen wurde richtigerweise die Schuldenbremse gelockert. Gerade in Krisenzeiten ist eine schuldenfinanzierte, antizyklische Fiskalpolitik unverzichtbar. Steuererhöhungen mit der Absicht, den ausgeglichenen Staatshaushalt wiederherzustellen, sind bestenfalls kontraproduktiv und würden schlimmstenfalls die Wirkung aller Konjunkturprogramme aufheben. Die Coronakrise zeigt deutlich, wie die Schuldenbremse dem Staat unnötigerweise fiskalpolitische Handlungsoptionen raubt. Doch auch vor der Krise hat die jahrelang verfolgte Politik der schwarzen Null in Deutschland eine Investitionslücke hinterlassen: Marode Straßen & Brücken, unterfinanzierte Schulen und eine veraltete digitale Infrastruktur zeugen hiervon. Perspektivisch muss die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse daher nicht nur gelockert, sondern möglichst abgeschafft werden. Die im Stabilitäts- und Wachstumsgesetz verankerte Ziele einer hohen Beschäftigung und eines stabilen Preisniveaus sollten die schwarze Null als Leitlinie einer sozialdemokratischen Wirtschaftspolitik ablösen.
Wir fordern
Eine weitere Erhöhung der schuldenfinanzierten Staatsausgaben zur Stärkung der Konjunktur
Ein Ende des fiskalpolitischen Ziels der schwarzen Null
Perspektivisch die Abschaffung der Schuldenbremse
Quellen
1 Vgl. Thomas Piketty, Das Kapital im 21. Jh; 2013
2 Vgl. WSI Report Nr 53; Oktober 2019
3 Vgl. IMK Report 129, September 2017
4 Peukert/Stürz (EY): „COVID-19: Warum sich Pharma-Lieferketten verändern werden“, 30. April 2020
5 Vgl. WISO direkt 24/2019 „Digitale Souveränität durch Interoperationalität“;
6 Dachwitz, Biselli, Rudl „Schornsteine zu Cloudspeichern“, 30.10.19; netzpoltik.org
7 Steinke/Fehrecke-Harpke: „Soziale Dienstleistungen als „sicherer Hafen“ für gute Beschäftigung“, WSI-Mitteilungen 3/2017
8 Vgl. „Positionen zur Stärkung der Tarifbindung“, DGB April 2019
9 vgl. Beschluss B3 „Arbeit – Solidarität – Menschlichkeit: Ein neuer Sozialstaat für eine neue Zeit“, des SPD-Bundesparteitages Dezember 2019
10 Vgl. Mazzucato: „Herdenliquidität“, IPG am 6.4.2020
11 Vgl. Gegenhuber: „Eine Vision für das digitale Europa“, FES 2020
12 Vgl. Ulrich Wilhelm: „Europa ist in Gefahr, seine Souveränität im digitalen Raum zu verlieren“ in spw 234, 2019
13 Vgl. WISO direkt 24/2019 „Digitale Souveränität durch Interoperationalität“;
14 Vgl. Zenglein/Holzmann: „Chinas Industrie – politische Strategie“ in WISO direkt 07/2020